Franz-Christian Jonas – Frauenarzt

Formen der Harnkontinenz

Als Harninkontinenz wird Verlust oder das Nichterlernen der Fähigkeit bezeichnet, Urin sicher in der Harnblase zu speichern und selbst Ort und Zeitpunkt der Entleerung zu bestimmen.

1. Belastungsinkontinenz / Stressinkontinenz

Die häufigste Form der Harninkontinenz ist die Belastungs- HIK, früher als Stress-Inkontinenz bezeichnet. Gemeint war nicht psychischer Stress, sondern Stress, d.h. Belastung für die Blase durch Druck von aussen.

Wie entsteht die Belastungsharninkontinenz?

Hauptursache ist wahrscheinlich schwaches Bindegewebe. Dieses kann u.a. auch zur Senkung von Gebärmutter, Scheide und Blase führen. Es liegt eine Schwäche des Schließmuskels und des umliegenden, die Schließfunktion unterstützender Gewebe vor.
Verstärkende Faktoren sind: vaginale Geburten, schweres Heben, starkes Husten bei chronischer Bronchitis und Asthma, Östrogenmangel, Übergewicht und vieles mehr.

Welche Symptome macht die Belastungsharninkontinenz?

Zunächst tritt ungewollter Urinverlust nur bei schweren Belastungen auf wie starkes Husten, schweres Heben und Sport (Hüpfen, Tennis, Trampolinspringen). Man spricht von HIK 1. Grades.
Im fortgeschrittenen Stadium (Grad 2) verlieren Frauen bei leichteren Belastungen Urin, so beim Gehen, Stolpern, Aufstehen aus dem Bett, Bücken und leichteren Heben. Zuletzt (Grad 3) bei fast jeder Bewegung ab, manchmal auch unbemerkt im Sitzen oder Liegen.

Wie kann ich eine Belastungsinkontinenz oder
eine Verschlimmerung vermeiden?

Bei Veranlagung zu schwachem Bindegewebe meiden Sie schweres Heben und gehen besser zwei- oder dreimal mit einer leichteren Last oder Sie benutzen Hilfsmittel wie Einkaufswagen. Nehmen Sie nach einer Geburt an einem Kurs für Rückbildungsgymnastik teil. Viele Physiotherapeuten und Bildungsinstitute bieten präventive (vorsorgliche) Beckenbodengymnastik an. Informationen dazu unter www.beckenbodentraining-schwaebe.de .
Zur Therapie der Belastungsinkontinenz

2. Dranginkontinenz (Urgeinkontinenz)

Die nächst häufige Form der HIK ist die Dranginkontinenz oder Urgeinkontinenz ( urge engl. für Drang). Weitere Synonyme sind Reizblase oder überaktive Blase. Hier liegt die Störung nicht im Schließmuskel sondern in der Blasenwand und -funktion.

Welche Symptome sind typisch für eine Reizblase oder Dranginkontinenz?

Das häufigste Zeichen einer Drangblase sind…

  • starker Harndrang (urgency, imperativer Harndrang)
  • häufiges Wasserlassen (Pollakisurie), > 8x
  • kleine Urinmengen
  • Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen (Dysurie)
  • häufigeres nächtliches Wasserlassen (Nykturie), > 2x
  • ungewollter Urinverlust nach Harndrang, manchmal unmittelbar vor dem Erreichen des WC

Wie entsteht die Dranginkontinenz?

Mögliche Ursachen sind Entzündungen der Blase mit meist vorübergehenden Beschwerden einer Reizblase, Steine oder Gewächse (Tumore) in der Blase, Östrogenmangel, Zuckerkrankheit, Nervenkrankheiten, Zustand nach Strahlentherapie und vieles mehr.

Wie kann ich eine Reizblase oder
eine Verschlimmerung der Beschwerden vermeiden?

Viel trinken (mehr als 2 Liter am Tag), wenig reizende und treibende Getränke (Kaffe, Tee, Alkohol)

3. Weitere Formen der Harninkontinenz

Überlaufblase: Diese tritt mehr bei Männern durch eine vergrößerte Prostata auf, bei Frauen meist durch eine starke Scheiden- und Gebärmuttersenkung auf. In beiden Fällen kommt es zur Verlegung der Harnröhre (Urethra), so dass der Urin erst bei hohem Druck durch eine starke Blasenfüllung abgehen kann, meist ungewollt.

Blasenfisteln: Das sind feine, röhrenartige Verbindungen von der Blase zu Scheide oder Enddarm, durch die unkontrolliert Urin abgehen kann. Fisteln treten meist nach Unterleibsoperation- en oder Strahlentherapie auf.